Farbfinden wörtlich nehmen
Die Inklusions-Lilie ist durch viele bunte Punkte gekennzeichnet, denn Pfadfinder*innen sind von Natur aus bunt und verschieden und dennoch können ALLE mitmachen, unabhängig von Behinderung, Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft oder Lebensform.
Ebenso wie die Inklusions-Lilie steht die Regenbogen-Lilie für Vielfalt, Toleranz und Akzeptanz. Sie orientiert sich an der Regenbogenfahne. Der Regenbogen gilt seit Jahrhunderten als Zeichen für Hoffnung und Veränderung in den verschiedensten Kulturen. In den 1970er-Jahren wurde die Fahne zum Symbol der schwul-lesbischen Bewegung und dann zum Symbol für sexuelle Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit. Laut Queer Lexikon e.V. steht Rot für das Leben, Orange für Heilung, Gelb für die Sonne, Grün für die Natur, Blau für Harmonie und Lila für Spiritualität.
Diese Bedeutungen wurden nicht einfach ausgedacht. Bedeutungen und Wirkungen von Farben leiten sich zum einen aus häufig gemachten Erfahrungen ab, die wir verinnerlicht haben. Dazu kommen die Erfahrungen unserer Vorfahren, die zum Teil jahrhundertealt sind und die wir meist unbewusst übernehmen. Das zeigt sich auch im alltäglichen Sprachgebrauch: Wir können „gelb vor Neid“, „grün hinter den Ohren“ oder auch mal „blau“ sein. Jede Farbe hat aber mehr als eine Bedeutung:
Rot ist die Farbe des Bluts und somit die Farbe des Lebens und der Lebenskraft. Rot steht zudem für Kraft und Macht, denn früher trugen nur Könige purpurrote Mäntel. So wie Feuer rot und heiß lodert, symbolisiert Rot stark lodernde Gefühle und Leidenschaften: Liebe, aber auch Zorn und Hass.
Orange bedeutet Vergnügen, da Orange aus Helligkeit (also Gelb) und Wärme (Rot) entsteht. Weil sich rotes Feuer zu gelbem Licht wandelt, symbolisiert Orange gleichzeitig den Wandel. Orange ist zudem eine Warnfarbe, denn ihr auffälliges Leuchten ist nicht zu übersehen.
Gelb ist die Farbe des Lichts und der Sonne. Deswegen ist Gelb heiter und die Farbe der Optimist*innen. Gelb macht wach und regt an. Es ist zudem kostbar, da teurer Safran gelb färbt. Wortwörtlich „gelb vor Neid“ wird, wer vor Ärger gallenkrank wird.
Grün ist die Farbe vieler Pflanzen. Deswegen steht Grün für die Natur. Weil frische Blätter grün sind, werden junge, unerfahrene Menschen als „grün hinter den Ohren“ bezeichnet. Es ist zudem die Farbe der Hoffnung, denn das Sprießen der Blätter nach dem Winter lässt hoffen. „Giftgrün“ kommt daher, dass früher in der grünen Farbe Arsen enthalten war.
Blau ist die Farbe des Himmels und der Weite. Da Schatten oft bläulich sind, wird Blau als kalt oder kühl empfunden. Blau ist auch die Farbe des Unaufgeregten und Entspannten. Heute noch als „blau“ bezeichnet wird, wer viel Alkohol getrunken hat, weil früher beim Blaufärben alkoholhaltiger Urin die Farbgewinnung verstärkte. Auch „blaumachen“ kommt vom Färber*innen-Handwerk: Da man lange warten musste, bis sich die Farbe Blau entwickelte, hatten die Färber*innen Zeit und „machten blau“.
Lila bzw. Violett ist eine geheimnisvolle, ambivalente Farbe, da in ihr die Gegensätze Blau (kalt, fern) und Rot (nah, heiß) verschmelzen. Antikes Purpurviolett war lichtecht und somit ein Symbol für die Ewigkeit. Violett wird in Kirchen als liturgische Farbe der Fastenzeit verwendet.
Pfadfinder*innen sind von Natur aus bunt und verschieden – sei es aufgrund einer (psychischen) Behinderung oder aufgrund der Tagesform.
Farben können die Stimmung und das Befinden beeinflussen. Teilweise wird das bereits im öffentlichen Raum und verschiedenen Einrichtungen eingesetzt, zum Beispiel bei der Wahl der Wandfarbe in Krankenhäusern und Gefängnissen.
Quelle
Die Soziologin und Psychologin Eva Heller hat zur Wirkung von Farben geforscht. Die hier genannten und weitere spannende Infos finden sich in ihrem Buch „Wie Farben wirken“.
Snoezelen in der Gruppenstunde
Das Wort „Snoezelen“ (sprich: snu-seln) kommt aus dem Niederländischen und ist eine Mischung aus kuscheln und dösen: In einem gemütlichen, geschützten Raum – auf Sitzsäcken oder vielen Kissen – werden Klänge gehört und Lichteffekte betrachtet. Das Snoezelen wurde für Menschen mit geistiger Behinderung erdacht, inzwischen findet es aber vielfältig Anwendung. Bei der erprobten Variante „Farb-Snoezelen“ steht dabei genau eine Farbe im Mittelpunkt. Die Atmosphäre überträgt sich unserer Erfahrung nach überaus gut auf die Teilnehmenden.
Blau-Snoezelen beruhigt und entspannt unruhige, hibbelige Menschen. Beim Gelb-Snoezelen hingegen werden schlappe Menschen angeregt und aktiviert. (Vom Rot-Snoezelen raten wir aufgrund der hervorrufbaren starken Emotionen allerdings ab.)
Wie wäre es einmal mit „Farb-Snoezelen“ in einem Lager oder in Gruppenstunden?
Beim Blau-Snoezelen ist das Licht blau und/oder es werden blaue Tücher verwendet. Dazu wird „blaue Musik“ gespielt. Das ist Musik, die die angestrebten Wirkungen der Farbe Blau ausdrückt – also Beruhigung und Entspannung.
Eine beispielhafte Playlist:
- „Harvest Moon“ von Cassandra Wilson
- „Der Schwan“ von Camille Saint-Saëns
- „Whispering Wind“ von Moby
- „Lamentate“ von Arvo Pärt
- „Don’t know why“ von Norah Jones
- „Northern Lights“ von Lux
Beim Gelb-Snoezelen ist dann natürlich alles Gelb, dazu Musik, die die angestrebten Wirkungen der Farbe Gelb ausdrückt – also Heiterkeit, Optimismus und Aktivierung.
Eine beispielhafte Playlist:
- „Sunrise“ von Norah Jones
- „Ballett der Küken in ihren Eierschalen“ von Modest Mussorgski
- „Don’t forget“ von The Magic Mumble Jumble
- „Golliwog’s Cakewalk“ von Claude Debussy
- „Let Go“ von Joy Denalane
- „Walzer Nr. 2“ von Dmitri Schostakowitsch
von Hannah Baum und Sebastian Schmitt - Bundesarbeitskreis Inklusion