Antworten auf eure Fragen an trans* Pfadfinder*innen
Prononem
Jeder Mensch benutzt Personalpronomen ganz selbstverständlich, wenn er mit und über andere Personen redet, so wie „du“, „er“, „wir“, „sie“. Pronomen werden anstelle eines Namens für eine Person benutzt. Die Pronomen der dritten Person Singular (er/sie/es) sind dabei auch grammatikalisch geschlechtlich. Darum ist es vielen Menschen, und besonders trans* Personen, wichtig, dass die zur Geschlechtsidentität passenden Pronomen benutzt werden. Das kann es/sie/es sein, ein fremdsprachiges Pronomen wie „they“ oder ein neues Pronomen, ein sogenanntes Neopronomen, wie zum Beispiel „nin“.
Wie spricht man am besten mit/über eine non-binäre Peron/eine Person ohne Pronomen?
Wie mit oder über eine nicht-binäre Person gesprochen wird, kann sehr unterschiedlich sein, und kann euch am besten die Person selber sagen. Keine Pronomen zu benutzen ist dabei eine Möglichkeit, die einige wählen. Dabei benutzt ihr statt des Pronomens einfach immer den Vornamen oder vielleicht auch nur den Anfangsbuchstaben des Namens. Andere Personen fühlen sich wiederum mit einem bestimmten Pronomen wohl, dass sie euch am besten selber mitteilen können.
Ist es angemessen, eine Person nach ihrem Pronomen zu fragen?
Es ist sogar oft erwünscht, nach den Pronomen zu fragen. Fragt man aber nur bei Personen nach den Pronomen, bei denen man sich unsicher ist, kann das natürlich oft unangenehm für beide Personen sein. Eine charmante Lösung wäre es, seine eigenen Pronomen in einer Vorstellung zu nennen, und dann nach denen der anderen Person zu fragen. Am besten ist es natürlich, wenn die Pronomen von allen Personen, wenn man sich kennenlernt, mit dazu gesagt werden oder auf Namensschildern mit angegeben werden. So kann man auch dazu beitragen, einen offenen Raum zu schaffen.
Wie reagierte das Umfeld bzw. das Zuhause auf euer Outing? Wie reagierten die Pfadfinder*innen?
Theo:
„Bei den Pfadfis hatte ich kein Problem mit meinem Outing: Ich habe mich im Bezirk in einer StaVo-Runde geoutet und daraufhin kamen nur ein paar Fragen und Unterstützung und wir haben auch bald mit unserer Tagesordnung weitergemacht. In meiner Familie war es ähnlich, wobei hier schon einige Fragen mehr kamen, aber auf jeden Fall keine negativen Reaktionen.“
Anna:
„In meiner Familie war es recht unterschiedlich, meine Geschwister waren sehr entspannt und es kamen nur ein paar Rückfragen. Meine Mutter war da eher unsicher, da sie auch mit dem Konzept nicht vertraut war, sich weder als Mann noch als Frau zu identifizieren. Darum musste ich sie auch erstmal aufklären, aber ich habe auch keine negativen Erfahrungen gemacht. Beim Rest von meiner Familie bin ich noch nicht geoutet.
Bei den Pfadis bin ich auch nur bei ausgewählten Personen geoutet. Statt einem ‚Coming Out‘, mache ich also ein ‚Inviting In‘, wo ich Personen, denen ich vertraue, zu mir ‚in den Schrank‘ einlade, anstatt mich vor allen zu outen. Meistens wurde mir dann für das Vertrauen gedankt, und gefragt, mit welchem Namen und welchen Pronomen ich angesprochen werden will, da habe ich nur positive Erfahrungen gemacht.“
Christina:
„Bei den Pfadis ist alles ganz easy, ich habe mir vor einigen Jahren auch bewusst einen Stamm gesucht, wo ich akzeptiert werde. Früher war ich bei einem anderen Verband, wo wir in Mädchen und Jungen getrennt waren, und das Thema weder beachtet noch angesprochen wurde, und ich mich entsprechend nicht mehr wohl gefühlt habe. Als ich dann auf dem Kölner CSD eine Gruppe der DPSG gesehen habe, habe ich den Kontakt gesucht, da die da scheinbar sehr offen sind. Ich habe dann schnell auch einen neuen Stamm in meiner Nähe gefunden, wo ich offen aufgenommen wurde und mich sehr wohl fühle.
In meiner Familie ist es leider eher schwierig. Meine Eltern machen sich um den Ruf ihrer Familie sorgen, die Aussage ‚das hat es bei uns nicht gegeben‘ bekomme ich zu hören und ich bekomme da leider keine Unterstützung. Ich lasse mich davon aber nicht unterkriegen und lebe auch meinen Eltern gegenüber offen als Christina und konfrontiere die so damit. Sie müssen lernen, damit zu leben, denn ich werde mich nicht für sie verstellen.“
Wie gehen die jüngeren Stufen, zum Beispiel die Wölflinge, damit um? Verstehen sie es?
Christina:
„Ich habe mich einfach vorgestellt, vereinzelt wurde anfangs zweimal geguckt, aber es wird von allen akzeptiert.“
Theo:
„Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass je jünger die Kinder sind, desto weniger Schwierigkeiten gibt es. Manchmal merkt man bei Jugendlichen den Einfluss vom Elternhaus.“
Anna:
„Ich bin nicht aktiv geoutet bei den Juffis, wurde aber auf einem Lager von zwei Juffis auf eine Trans*-Flagge auf meiner Kluft angesprochen, worauf wir eine selbstverständliche Unterhaltung über Namen und Pronomen hatten.“
Wer hat dich am meisten unterstützt?
Theo:
„Meine Partnerin hat mich am meisten unterstützt. Und bei den Pfadfinder*innen hat mich mein Vorstandsteam in der BL sehr gut unterstützt.“
Christina:
„Mein neuer Stamm hat mich viel unterstützt, und meine beste Freundin, mit der ich schon lange befreundet bin.“
Anna:
„Eigentlich alle, bei denen ich mich bewusst geoutet haben, vor allem zwei gute Freund*innen in unserem DV, die auch beide queer sind. Ich hatte bei beiden auch nie Angst vor Ablehnung.“
Wie kann ich als Leiter*in trans*-Gruppenkinder unterstützen?
Zunächst ist es immer wichtig, sich zu informieren. Dafür könnt ihr euch auch Unterstützung von queeren Jugendorganisationen holen. Denn queere Kinder und Jugendliche haben keinen Bildungsauftrag und wollen nicht andere aufklären müssen. Falls es in der Umgebung einen queeren Jugendtreff gibt, könnt ihr den natürlich auch Kindern und Jugendlichen als Stelle weitergeben, wo sie Unterstützung finden.
Wenn sich jemand bei euch outet, ist es natürlich am wichtigsten, die Person ernst zu nehmen und zu akzeptieren. Auch die Frage, was die Person möchte, ist wichtig: „Möchtest du dich in der Gruppe outen? Möchtest du, dass ich mit anderen Leiter*innen darüber rede?“ Denn die Personen entscheiden selber über das Tempo, in dem sie sich outen möchten.
Um zu verdeutlichen, dass auch die Pfadfinder*innen ein Safe Space sind, kannst du auch klar machen, dass du kein Fremdouting machen wirst, wenn es nicht explizit gewünscht ist. Das bedeutet vor allem, die Person nicht bei Eltern, Familie, Freunden, in der Gruppe oder bei anderen Leiter*innen zu outen.
Falls jemand einen anderen Namen oder andere Pronomen benutzen will, kannst du da sehr gut unterstützen, indem du andere auch darauf hinweist, falls der falsche Namen oder Pronomen benutzt werden.
Was ratet ihr Pfadfinder*innen, die Angst haben, sich zu outen?
Es ist oft hilfreich, erst einmal mit einer Vertrauensperson zu reden. Die muss auch nicht aus der eigenen Gruppe sein. Ihr könnt euch auch Unterstützung außerhalb der Pfadfinder*innen holen, seien es Freund*innen oder Beratungsstellen und queere Organisationen.
So habt ihr bei einem Outing auch „Verbündete“ an eurer Seite, die euch unterstützen, gerade wenn ihr euch bei Personen oder Gruppen outen wollt, wo ihr euch unsicher seid.
Sucht euch einen Rahmen, bei dem ihr euch wohlfühlt, euch zu outen. Ihr müsst dabei auch keine Rücksicht nehmen, wie es anderen passt. Euer Outing ist euer Ding.
Wie ihr euch am Ende vor Personen und Gruppen outet, ist etwas super Individuelles, was von euch selber und von der Gruppe abhängig ist.
Wie werden bei euch Zelte, Duschen und WCs zugewiesen?
Bei gemischten Zelten hatten wir noch nie Probleme. Auch rechtlich ist das kein Problem, wir lassen uns das aber auch von den Eltern zur Sicherheit vorher mit der Anmeldung unterschreiben. Oft lassen wir Kinder auch selber in den Gruppen vorher ihre Zelte einteilen, da kann man schauen, wie es in der Gruppe passt.
Bei Duschen und Klos muss man natürlich schauen, was auf dem Zeltplatz gegeben ist. Da ist es am besten, dass alle Personen die Räumlichkeiten nutzen, wo sie sich wohlfühlt, und was zu der jeweiligen Geschlechtsidentität passt.
Bei nicht-binären Personen ist es am besten, sie im Vorfeld zu fragen, wo sie sich wohlfühlen.
Nie sollten Personen gezwungen werden, sich nach ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht einzuordnen, mit dem sie sich nicht identifizieren. Es gibt auch keine rechtliche Grundlage, die das erfordern würde.
Hattet ihr schon einmal mit Transphobie innerhalb der DPSG zu kämpfen?
Nein, mit direkter Homophobie und persönlichen Anfeindungen noch nie. Manchmal wird man mit unsensibler Sprache konfrontiert, aber das ist nie etwas Bewusstes.
Anna:
„Einmal habe ich erlebt, dass ein Antrag auf einer Bezirksversammlung eingebracht wurde, das Gendern zu verbieten. Der wurde aber auch nicht angenommen.“
An welchen Stellen kommt ihr/euer Stamm an eure Grenzen, welche Hürden gibt es? Gab es schon mal Probleme mit Eltern?
Theo:
„Ich erlebe da die DPSG als Raum, wo es keine Hürden gibt, die man nicht gemeinsam überwinden kann. Kleinigkeiten gibt es immer wieder mal, aber die Schwierigkeiten können gemeinsam gut gelöst werden.“
Anna:
„Manchmal ist unklar, was bei Zuschusslisten angegeben werden muss, bis jetzt hat sich da aber noch nie jemand beschwert.“
Christina:
„Mit Eltern hatten wir auch noch nie Probleme oder Fragen.“